Gjergj Fishta, 1939.

Gjergj Fishta, 1939.

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 AL Voices  |  Robert Elsie

1937  |  Gjergj FISHTA
English   deutsch   shqip

Die Stimme von Pater Gjergj Fishta, der aus seinem Meisterwerk, dem Nationalepos “Die Laute des Hochlandes”, vorliest.

MP3  |  1937 Fishta Canto 05. 391-465  

MP3  |  1937 Fishta Canto 13. 001-077



1937  |  Gjergj Fishta:
Lahuta e Malcís / Die Laute des Hochlandes
Kanga / Gesang 5. 391-465

 

Por, s’ din Shkjau me mbajtë miqsí!
Doch zu halten treue Freundschaft, /
Das versteht niemals der Slawe.

Aman, Zot, kur duel Serdari,
Helf’ uns Gott! Als durch die Furt kam

Se ç’ kje ndezë Vranina zhari!
Der Serdar, wie ward Vranina

Aman, Zot, kur mrrîni Pera,
Da getaucht in Feuersgluten! /
Helf uns Gott! Als Pera eintraf,

   
395

Se shum krisi atbotë potera!
Wie erdröhnte da der Schlachtlärm!

Por kur rán Shkjét e Vraninës
Aber als Vraninas Slawen

Shum u krisi plumja shpinës!
Stürmten an, da krachten Kugeln /
Den Albanern in den Rücken!

Porsi shé, qi m’ nji natë gjâmet
Wie ein Wildbach im Gebirge, /
Der in einer grausen Sturmnacht

Rritet turr e del prej âmet
Anschwillt und mit wilden Wogen

   
400

Tuj ushtue - e tue shkumue,
Tritt aus dem gewohnten Bette,

Shkaperderdhet nper zallina,
Donnernd, schäumend, übertretend /
Über seine sand’gen Ufer,

Ashtû u derdh Shkjau te Vranina,
Just so strömten her die Slawen, /
Bei Vranin’ mit ihren Wogen

N’ valë Shqyptarët krejt tue i pershî.
Die Shqiptaren gang verschlingend.

S’ lufton ndryshe e rrebtë kulshetra
Die Kulshedra kämpft nicht anders, /
Furchtbar kämpft sie, die Kulshedra,

   
405

E me dhâmbë edhè me kthetra,
Kämpft mit Zähnen und mit Klauen,

Zjarm e surfull tue flakrue,
Speiend Feuer, speiend Schwefel,

Kur drangojt t’ a kenë rrethue;
Weil Drangues sie umzingeln;

Si i qindron sod Shkjaut Shqyptari
Wie dem Slawen heute standhält /
Der Shqiptar für seine Heimat,

Per dhé t’ amel, qi i la i Pari:
Für die traute Heimaterde, /
Die ihm hinterließ der Ahne,

   
410

Kâmbë per kâmbë, tuj qitë pá dá,
Füße gegen Füße stemmend, /
Schießend ohne Unterlaß:

Tue korrë krena neper Shkjá.
Slawenköpfe grimmig mähend,

U janë ndezun flakë breshânat,
Wie da die Breshanen flammten,

U kullojn gjak n’ dorë tagânat,
Wie die Säbel von dem Blute

E u kullon gjak edhè zêmra,
Ihnen in den Händen troffen,

   
415

Veç se vendit s’ u lot thêmra.
Aber keine Ferse rührte

Por ç’ dobí: dielli tue lé
Sich vom Platze. Doch was nützt es?

- Isht’ tue lé m’ at ditë per Shkjé! -
Als die Sonn’ aufging, - sie ging heut’ /
Auf, den Slawen Glück zu bringen! -

I rán ndore Shkjaut t’ terbuem
Fielen in die Hand dem Slawen, /
Ihm, dem wutentbrannten Slawen,

Tridhjetë t’ vrám e dhetë t’ shituem!...
Zehn Albaner, die verwundet, /
Dreißig, die den Tod erlitten...

   
420

O ata t’ lumt, qi dhane jeten,
Selig, die ihr Leben gaben,

O ata t’ lumt, qi shkrîne veten,
Selig, die sich selbst geopfert,

Qi per Mbret e vend të t’ Parve,
Die für Vaterland und Herrscher,

Qi per erz e nderë t’ Shqyptarve
Die für der Albaner Ehre

Derdhen gjakun tuj luftue,
Kämpfend, kühn ihr Blut vergossen,

   
425

Porsi t’ Parët u pa’n punue!
Just wie einst die Ahnen taten!

Letë u kjoftë mbí vorr ledina,
Leicht sei auf dem Grab der Rasen /
Für die Helden, die drin ruhen,

Butë u kjoshin moti e stina,
Lind sei ihnen Wetter, Jahr’szeit,

Aklli, bora e serotina:
Eis und Schnee und Sturmgewitter,

E dér t’ kndoje n’ mal ndo ‘i Zânë,
Und solang noch einer Zâna

   
430

E dér t’ ketë n’ dét ujë e rânë,
Holdes Lied tönt in den Bergen, /
Und solang’ rauscht in dem Meere

Dér sá t’ shndrisin diell e hânë,
Wassers Woge, Sandes Fülle, /
Solang’ leuchten Sonn- und Mondlicht,

Ata kurr mos u harrojshin,
Soll’n sie unvergessen bleiben,

N’ kângë e n’ valle por u kndojshin.
Mögen sie besungen werden /
Im Ringtanz, im Heldenliede!

E njaj gjak, qi kan dikue,
Und das Blut, das sie vergossen,

   
435

Bân, o Zot, qi t’ jesë tue vlue
Gib, Gott, dass es weiter siede,

Per m’ i a xé zêmren Shqyptarit,
Heiß zu machen der Shqiptaren /
Kühne Herzen, daß sie schlagen

Per kah vendi e gjûha e t’ Parit!
Für der Ahnen schöne Heimat, /
Für der Ahnen traute Sprache! -

Po, váll! Osja kû do t’ jetë?
Wo mag aber Oso stecken?

Oso Kuka a mos ká mbetë?
Oso wird doch nicht gefall’n sein?

   
440

N’ Xhebehane ká zatetë!
Nein, im Pulverturme steckt er,

Ká zatetë n’ at kullë t’ barotit,
Hat im Pulverturm verschanzt sich,

Kû ká bâ êmrin e Zotit,
Hat geschwor’n beim Namen Gottes,

Se per t’ gjallë nuk ká m’ e lshue,
Lebend nicht ihn zu verlassen,

Shokët e vet per pá i pague
Eh’ gerächt nicht die Gefährten.

   
445

Tridhetë t’ vrám e dhetë t’ shitue.
Zehn Albaner, die verwundet, /
Dreißig, die den Tod erlitten.

Kur pau Shkjau se pushka mêni
Als der Slawe merkt, daß nachließ

Si kah vau, si kah Liqêni,
Der Gewehre wildes Feuern, /
An der Furt und auch am Seestrand,

E se mbetë s’ kisht’ Oso Kuka
Daß nicht tot war Oso Kuka, /
Daß er nicht war aufzufinden

Me tjerë t’ vrám, perjashtë ke suka,
Unter den Gefall’nen allen, /
Draußen an dem Fuß der Anhöh’,

   
450

M’ Xhebehane u turr m’ at hera,
Da begannen sie den Ansturm /
Auf des Pulverturmes Festung;

Si, kur t’ lshojë kah Prendvera,
War so wie zu Lenzes Anfang, /
Wenn der Lenz schafft neues Regen,

Vrullet bleta çark njaj zgjonit,
Wenn rund um die Bienenstöcke /
Bienen senden ihre Schwärme.

Tue zukatë si rryma e prronit.
Summend, wie des Wildbachs Brausen:

N’ brohorí tue i lutë jetë Knjazit
Also stürmten hundert Slawen /
Brüllen “Unser Knjaz soll leben!”

   
455

Njiqind vetë kcyen m’ kulm t’ pullazit,
Hundert Mannen, die am meisten /
War’n berühmt ob ihres Mutes;

Mâ t’ permendunt kah trimnija,
Sprangen auf den First des Daches,

Njaq u njiten mbi frangija,
And’re klettern zu den Fenstern, /
Zu den kleinen Mauerlöchern,

Tue thye muret n’ gjak t’ perlyeme:
Um die Mauern einzubrechen, /
Die vom Blut besudelt waren!

- Por ká gioben shpija e thyeme! -
“Ha! Auf Einbruch in ein Haus steht /
Schwere Strafe nach dem Kanun, /
Nach Kanun Lek Dukagjinit!”

   
460

Krisi Osja atbotë si luâni,
Also schrie da Oso Kuka, /
Brüllte, wie der Löwe brüllt,

Mje m’ Cetinë i vojti zâni:
Bis Cetinje drang sein Rufen:

“Ah kadalë, Nikollë, t’ vraftë Zoti!
“Ah! Nur langsam, Knjaz Nikolla! /
Mög’ der Herrgott dich erschlagen!

Pse ktû i thonë Oso Baroti:
Denn ich heiße Pulver-Oso!

Se s’ ké pá Shqyptár me sy,
Hast ja niemals noch geschauet, /
Seit du lebst, mit deinen Augen

   
465

Se djegë vehten edhè tý!”
Einen Held Albaniens, der sich /
Selbst verbrennet und dich mit!”

[deutsch: Maximilian Lambertz]

 

1937  |  Gjergj Fishta:
Lahuta e Malcís / Die Laute des Hochlandes
Kanga / Gesang 13. 1-77

 

Prendoi dielli, n’ qiell duel hâna,
Als die Sonne ging zur Rüste /
Und der Mond am Himmel auftaucht’,

N’ Veleçik po pingron Zâna:
Da ertönt der Zâna Stimme /
Von des Veleçiks Abhängen,

Ehu! ju malet e Shqypnís,
Schluchzend gleich der Nachtigall: /
“Wehe! Berge ihr Albaniens!

N’ t’ cillat strukë shqypja e lirís
Traun! In euren Schründen birgt sich /
Der alban’schen Freiheit Adler;

   
05

N’ t’ bardhat kohë qi kan prendue
In den sel’gen alten Zeiten, /
Die für immer sind versunken,

S’ lête anmik, jo, me i u afrue!
Habt ihr’s nicht geduldet, wahrlich! /
Dass ein Feind sich frech euch nahe!

E di shpat e di edhe prrue,
Wildbach weiß, es weiß der Wald auch,

E di landë e di edhe gúr,
Jed’ Gehölz und jeder Stein weiß,

Shqyptarís kryq e terthuer,
Kreuz und quer im Land Albanien,

   
10

Se sa gjak atbotë i anmikut
Wieviel Feindblut damals strömte

Vojti rrkajë prej t’ bardhë çelikut,
Von dem Stahl, der leuchtend zuckte,

Qi flakote n’ dorë t’ Shqyptarit
In der Hand des Shqipetaren

Porsi rrfeja majes s’ Sharit.
Wie der Blitz, wenn er herabfährt /
Auf den Gipfel des Bergs Shari.

A kisht’ mujtë kurr n’ at kohë t’ lume,
Hätt’ in jenen sel’gen Tagen -

   
15

(Me lot gjakut sod t’ lotueme!)
Heut’ beweint mit blut’gen Tränen!

Veç nji troe t’ tokës shqyptare
- Jemals wohl vermocht ein Krümchen

M’ e rmue dora grabitçare?
Nur zu rauben vom alban’schen /
Boden freche Räuberhand?

Ah! jo kurr; t’ ish’ çue mbarë bota...
O nein! Niemals! Aufgestanden /
Wär’ sofort die ganze Erde...

Pse ndo ‘i Lekë, a ‘i Gjergj Kastriota
Denn ein Lek, ein Gjergj Kastriota,

   
20

Do t’ kisht’ dalë, at dorë rrembyese
Wär’ erstanden, abzuhauen /
Jene räuberische Rechte

M’ e cungue me armë ngadhnyese,
Mit dem Schwert, das immer siegreich,

T’ cillat n’ shekull do t’ permenden
Helden, deren Ruhm wird tönen /
In der Welt, solang am Himmel

Hânë e hyj sa qiellve t’ enden.
Mond und Sterne ihre Bahn zieh’n.

Por kan ndrrue sot moti e stina
Doch seitdem sind anders worden

   
25

Per dhé t’ ngrît, kû rreh Martina!
Und die Erd’ ist starr geworden, /
Seit hier knallen die Gewehre.

Gjinde e mbajtun me lot t’ shumit
Menschen lassen sich ernähren

Qi n’ djersë njomë bûcat e umit,
Von des armen Mannes Tränen, /
Der die Schollen, die der Pflug wirft, /
Mit der Stirne Schweiß benetzet;

Ja qi n’ kullmë rreshket kumuese,
Oder der, am Amboss hämmernd, /
Dass es hallt, braun wird und runzlig;

Ja nper dét bjen valës shkumuese,
Oder der dahin durch’s Meer fährt, /
Wenn die hohen Wogen rauschen,

   
30

Per me mbajtë nji grue te shpija
Um ein Weib zu Haus zu nähren, /
Dessen Kinder hungrig bitten,

S’ cilles bukë i lypi fmija,
Dass die Mutter ihnen Brot geb’;

Edhe i lên ndoshta me kjá,
Mutter muss sie weinen lassen,

Perse e mjera bukë nuk ká:
Denn die Arme hat kein Brot.

Gjinde, s’ cilles Zot i âsht ari,
Menschen wohnen hier auf Erden, /
Die das Gold als Gott verehren;

   
35

T’ zezen tokë qi i ngratë Shqyptari
Diese woll’n den armen Boden,

Shtrêjt me gjak e pat fitue,
Der gar teuer einst erkauft ward /
Mit dem Blut des Shqipetaren,

Pa ndo ‘i dhimë, kjoshin mallkue!
Der bedauernswerten Helden, /
Diesen Boden woll’n sie heute

Sod m’ e dá duen copa copa:
Ohne Mitleid - Fluch sie treffe! - /
Wollen teilen ihn in Stücke ...

E perse? Pse don Europa...
Und warum? Europa will es ...

   
40

Uh! Europë, ti kurva e motit,
Oh! Europa, alte Hure,

Qi i rae mohit besës e Zotit,
Die du Gott den Herrn verleugnest,

Po a ky â shêji i gjytetnís:
Zeugt dein Handeln von Kultur?

Me dá token e Shqypnís
Aufzuteilen heil’gen Boden, /
Der Albaner Heimaterde,

Per me mbajtë klysht e Rusís?
Um zu nähren Russlands Hündchen?!

   
45

Po ti a kshtû sod na i perligje
So hast du uns heut’ gelohnet

Njata burra qi m’ kto brigje
Jene Helden uns’rer Küsten,

Per tý vehten bâne flije
Die für dich sich selbst geopfert,

Kur ti heshtshe prej ligshtije?
Als du vor Entkräft’gung stumm wardst?

Ti qi i a kalle flaken diellit
Du dort oben, der entzündet /
Uns’rer Sonne wärmend Feuer,

   
50

E i shestove rrathët e qiellit
Der des Himmels Kreise ordnet,

Ti, prej eshtnash t’ t’ ngratë Shqyptarve,
Gib, dass heut’ aus den Gebeinen /
Jener armen Shqipetaren,

Qi bânë deken per dhé t’ t’ parve,
Die gestorben für die Heimat, /
Für der Ahnen trauten Boden,

Bân sod t’ bîjn fatosa t’ rí,
Neue Heldensöhne wachsen,

T’ cillt nji troe t’ ksajë Shqypní
Die nicht eine kleine Krume /
Von dem teuren Land Albanien

   
55

Mos t’ a lâjn Shkjaut n’ dorë me i rá
Fallen lassen in des Slawen /
Hand, nein eher gründlich baden

Krejt në gjak nji herë pa e lá!
Ihn in seinem eig’nen Blut!”

Lum, oj Zâna e Veleçikut,
Gut sangst du, du hehre Zâna! /
Zâna von dem Veleçik!

Qi m’ i a lshon ti namët anmikut,
Schleuderst Flüche auf die Feinde!

Qi m’ i uron djelmt e Malcís,
Segnest mir des Hochlands Söhne!

   
60

Qi m’ i a kján hallin Shqypnís;
Und beweinst Albaniens Unglück,

Ksaj Shqypní, e cilla motit,
Des Albanien, das vor Zeiten

N’ zâ kah pushka e besa e Zotit,
Hochberühmt ob seiner Pushken, /
Hochberühmt ob seiner Treue,

Pat kênë çmue prej fisesh t’ tâna
Ward geschätzt von allen Völkern,

Kah bjen dielli e kah mârr hâna!
Wo die Sonn’ strahlt und der Mond scheint!

   
65

Por, sado qi poshtë ká rá
Doch wie tief auch heut’ gefallen

Sod me sod, e rrin tue kjá
Ist Albanien, uns’re Heimat,

N’ pluhen t’ tokës, prej njerzve shá,
Mag’s auch in dem Staub der Erde /
Weinend sitzen und missachtet

Prap, oj Zânë, shkndija e burrnís
Trotzdem Zâna, ist der Funke /
Alter Tapferkeit nicht gänzlich

Nuk â shkimë n’ male t’ Shqypnís,
Heut’ erloschen in Albanien, /
In den Bergen uns’rer Heimat,

   
70

Qi, manà, edhè n’ kto kohë t’ reja
Dieser Funke, der gewisslich /
Auch in unsern neuen Zeiten

Ka ‘i herë ndezet flakë si rrfeja.
Einmal angefacht wird werden /
Zu der Flamme, die da lohet /
Wie der Blitzstrahl, der herabzuckt.

S’ kan mbetë shkret, jo, armët besnike,
Nicht verwaist die Waffen liegen, /
Wahrlich nicht, die treuen, denn heut’

Perse Arbnorja grue fisnike,
Zeugt Arbnorja, diese edle /
Vornehm mütterlich Fraue,

Bân se bân fatosa t’ rí,
Junge Helden stets von neuem, /
So wie sie sie einstmals zeugte,

   
 75

T’ cillt trimnisht per ket Shqypní
Helden, die kühn für Albanien,

E per besë e t’ bardhen Fé
Für ihr Wort, den heil’gen Glauben

E bâjn deken si me lé.
Sterben, als ob’s nicht den Tod gält, /
Sondern’s gält ein neues Leben.

[deutsch: Maximilian Lambertz]

 

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